Liebe Leserin, lieber Leser,

 

wir freuen uns, Ihnen im Frühjahr 2022 den dritten Fortschrittsbericht von Chemie³ präsentieren zu können. Zum zweiten Mal nach 2018 berichten wir auf Basis unserer 40 Chemie³-Fortschrittsindikatoren, wo die chemisch-pharmazeutische Industrie in Sachen Nachhaltigkeit steht. Die Indikatoren haben wir in einem intensiven Dialog mit unseren Mitgliedern und unseren Stakeholdern erarbeitet.

Mit der Veröffentlichung kommen wir unserem Transparenzversprechen nach, die Entwicklung der Branche in allen drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales messbar zu machen und Ergebnisse regelmäßig zu kommunizieren.

 

Die Veröffentlichung des Berichts fällt in eine Zeit, die uns alle zutiefst erschüttert. Zuvor Undenkbares ist seit einigen Wochen schreckliche Realität: Krieg in Europa. Viele unschuldige Menschen sterben, Millionen sind auf der Flucht. Unsere Gedanken sind bei jenen, die durch die militärische Aggression Russlands enormes Leid erfahren. Es gilt jetzt, unsere freiheitliche Ordnung gemeinsam mit unseren demokratischen Verbündeten gegen völkerrechtswidrige Aggression und Diktatur zu verteidigen.

 

Die Phase der Datenerfassung für den Bericht war durch eine weitere Krise geprägt – der Corona-Pandemie. Das Virus hat unser aller Leben und Arbeiten umgekrempelt. Das gilt auch für die Unternehmen und die Beschäftigten der chemischen Industrie. Die Pandemie hat die Erhebung der Daten erschwert (weitere Informationen zur Datenerhebung finden Sie hier). Umso mehr freuen wir uns, dass mit dem Ergebnis nun erstmals Vergleichswerte vorliegen und wir eine erste Entwicklung sichtbar machen können. Mit Blick auf die vorliegenden Daten zeigen sich in den drei Dimensionen positive Entwicklungen, aber auch Baustellen, an denen wir als Branche gemeinsam arbeiten.

 

Erfreulich ist, dass die Ausgaben der Unternehmen der Branche für Forschung und Entwicklung im Vergleich zum letzten Bericht deutlich gestiegen sind. Insbesondere die Bekämpfung der Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Innovationskraft ist: Noch nie zuvor wurden wirksame Impfstoffe in so kurzer Zeit entwickelt. Innovationen helfen, die weltweit anstehenden Herausforderungen zu bewältigen. Ein Gewinn ist außerdem, dass die Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens deutlich zugenommen haben. Die Pandemie hat auch hier als Katalysator gewirkt.

 

Auch sind deutliche Steigerungen bei Gesundheitsvorsorge- und -beratungsangeboten sowie Vereinbarungen zu alters- und alternsgerechtem Arbeiten sichtbar. Hier haben auch die Aktivitäten der Chemie-Sozialpartner im Rahmen der gemeinsamen Initiative „Gutes und gesundes Arbeiten in der Chemiebranche“ sowie des Dialogs WORK@industry4.0 eine Rolle gespielt. In der ökologischen Dimension konnte die Branche ihre Treibhausgasemissionen pro Produkteinheit weiter senken. Mit einer effizienteren und damit emissionsärmeren Produktion machen wir einen ersten Schritt hin zu einer treibhausgasneutralen Chemie.

 

Dennoch machen die Treibhausgasemissionen der Branche immer noch einen großen Anteil an den Gesamtindustrieemissionen der Bundesrepublik aus. Einerseits stellt die Chemieindustrie Produkte her, die vielfach helfen, Treibhausgase in vielen Bereichen zu mindern und Energie einzusparen. Andererseits ist sie aber auch ein bedeutender Verursacher von Treibhausgasen. Vor diesem Hintergrund hat der VCI zusammen mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) das Projekt „Chemistry4Climate“ ins Leben gerufen. Es soll weitere Lösungen für das Ziel einer treibhausgasneutralen Chemie erarbeiten. Darüber hinaus ist es uns wichtig, auch über die Grenzen der Branche hinweg und in unterschiedlichen Formen den gesamtgesellschaftlichen Diskurs über die Nachhaltigkeit in der Chemie voranzubringen, wie etwa dem überparteilichen Buchprojekt „1,5 Grad. Gemeinsam. Nachhaltig. Handeln.“, das – orientiert an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen – renommierte Autoren und Autorinnen aus Politik, Gewerkschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gewinnen konnte.

 

Wirtschaftlich gesehen ist der Welthandelsanteil im Vergleich zum letzten Bericht rückläufig. Andere Länder und Regionen holen auf und der Wettbewerbsdruck nimmt insgesamt zu. Zunehmend stellt auch der andauernde Niedrigzins die Chemie-Unternehmen vor wachsende Herausforderungen. Dies zeigt sich in einem Rückgang bei der tariflichen Altersversorgung, die immer teurer und damit unattraktiver für Unternehmen und Beschäftigte geworden ist.

 

Nicht alles, woran wir arbeiten, lässt sich in Zahlen ausdrücken. Seit der Veröffentlichung des letzten Berichts gab es vielfältige Aktivitäten in die Branche hinein, aber auch nach außen im Dialog mit unseren Stakeholdern. Aktuell spielen vor allem die Themen Sorgfalt in der Lieferkette und die Sustainable Development Goals eine Rolle. Einen Überblick der Aktivitäten und Projekte finden Sie hier. Daran wollen wir anknüpfen und auch weiterhin im Sinne der Nachhaltigkeit unterwegs sein.


Wir wünschen Ihnen viel Freude und Anregung bei der Lektüre!

 

Chemie³-Lenkungskreis
Christian Kullmann, Michael Vassiliadis und Dr. Kai Beckmann