DIE SDGs: HERAUSFORDERUNG FÜR STAATEN UND UNTERNEHMEN

Im September 2015 haben die Vereinten Nationen die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) verabschiedet. Entlang des Dreiklangs von ökonomischer, ökologischer und sozialer Verantwortung bilden die 17 SDGs und 169 Unterziele für alle Unterzeichnerstaaten seitdem die Basis, um Nachhaltigkeit in ihren Ländern voranzutreiben.

Die in den SDGs formulierten Zielvorgaben zur Lösung der globalen Herausforderungen richten sich an alle staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure weltweit. Adressiert werden u.a. Themen wie die Beseitigung von (extremer) Armut und des Hungers, Gesundheit für alle Menschen, Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Männern und Frauen, den Schutz der Umwelt oder die Bekämpfung des Klimawandels. In Deutschland sind die SDGs 2016 in die Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie eingeflossen.

Die 12 Leitlinien von Chemie³ und die SDGs

Die 12 „Leitlinien zur Nachhaltigkeit für die chemische Industrie in Deutschland" von Chemie³ aus dem Jahr 2013 richten sich an Chemieunternehmen im Industrieland Deutschland. Wichtige Anforderungen der SDGs sind bereits in den Leitlinien angelegt. So beinhalten die Leitlinien viele Inhalte, die auch in den SDGs eine wichtige Rolle spielen, etwa der Ressourcen- und Klimaschutz, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Sozialpartnerschaft, betriebliche Umwelt- und Sozialstandards in den weltweiten Wertschöpfungsketten sowie Maßnahmen gegen Kinder- und Zwangsarbeit. Zusammen setzen die SDGs und die Chemie³-Leitlinien den Rahmen für die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland, um nachhaltig – ökonomisch, ökologisch und sozial verantwortungsvoll – zu wirtschaften. Wo die Branche in Sachen Nachhaltigkeit steht und welche Fortschritte sie macht, bilden die Chemie³-Fortschrittsindikatoren ab.

Wie Unternehmen zur Erreichung der SDGs beitragen können

Schon heute gehört die Chemieindustrie zu den Schlüsselbranchen für eine nachhaltige Entwicklung. An ihren nationalen und internationalen Standorten kann die Chemieindustrie vielfältige Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung leisten: über ihre Produkte, die nachhaltige Gestaltung ihrer Produktionsprozesse, über Tarifbindung und Sozialpartnerschaft im Betrieb, Partnerschaften und Kooperationen, gesellschaftliches Engagement und Beteiligung an Stakeholder-Dialogen. Zu welcher Leitlinie oder zu welchem SDG ein Unternehmen besonders viel beitragen kann, muss jedes Unternehmen für sich selbst analysieren. Unterstützung bietet dabei der Chemie-Leitfaden „SDG-Navigator“.

Neben diesen positiven Beiträgen zur Erreichung der SDGs verursacht die chemisch-pharmazeutische Industrie jedoch auch potenziell negative Auswirkungen, die im Sinne der SDGs gemindert oder abgewendet werden sollten, beispielsweise Umweltauswirkungen durch die Produktion und Verwendung chemischer Produkte.

Diese Auswirkungen benennen die Unterziele 3.9, 6.3 und 12.4 mit einem expliziten Auftrag an die Chemie: Er lautet, die Freisetzung von Chemikalien in Luft, Wasser und Boden zu verringern und nachteilige Auswirkungen von Chemikalien auf die menschliche Gesundheit zu minimieren. Weitere Beispiele für negative Auswirkungen sind menschenrechtliche Risiken in der Lieferkette oder der Ausstoß von Treibhausgasen.

Im Folgenden zeigen wir exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, was die Branche zur Erreichung der einzelnen SDGs beitragen kann. Orientierung bietet auch die Chemical Roadmap des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD), an die wir uns teilweise anlehnen. Beiträge der Chemie zur Umsetzung der SDGs war außerdem Thema des Responsible Care-Wettbewerbs 2018.

BEITRÄGE DER CHEMISCHEN INDUSTRIE ZUR UMSETZUNG DER SDGS

Armut in allen ihren Formen und überall beenden, z. B.

  • durch angemessene Löhne und Gehälter, reguläre Arbeitszeiten und Sozialleistungen, (sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit und gute Arbeit); 
  • durch die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, Behörden und Partnern, um die Infrastruktur und Kommunen zu stärken und zu beleben;
  • durch soziales Engagement im Umfeld internationaler Standorte;

Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern, z. B.

  • mit innovativem Saatgut und innovativen Pflanzenschutz- und Düngemitteln, um Ernten umweltverträglich und ressourcenschonend zu sichern und zu steigern; 
  • durch mit Vitaminen und Mineralien angereicherte Nahrungsmittel, um Mangelernährung vorzubeugen; 
  • durch Zusatzstoffe, die die Haltbarkeit von Lebensmitteln erhöhen; 

Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern, z. B.

  • mit neuen Medikamenten und Therapien zur Behandlung von Krankheiten;
  • durch Maßnahmen zur Steigerung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Chemie (Responsible Care);
  • durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement; 
  • durch Capacity Building / Wissenstransfer für eine sichere Chemieproduktion und ein sicheres Chemikalien-Management, insbesondere an Standorten in aufstrebenden und sich entwickelnden Märkten;

Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern, z. B.

  • durch Förderung von naturwissenschaftlicher Bildung, um die Qualifikation heutiger und künftiger Mitarbeiter/innen zu verbessern; 
  • durch Ausbildung von jungen Menschen und ständige Qualifizierung an Standorten; 
  • durch gesellschaftliches Engagement im Umfeld der Standorte, um junge Menschen mit schlechten Startbedingungen zu fördern;

Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen, z. B.

  • durch Programme zur Förderung von Vielfalt, Chancen- und Geschlechtergleichheit im Unternehmen, ggf. mit Quoten / Zielvorgaben; 
  • durch familienfreundliche Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsmodelle, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen;

Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten, z. B.

  • durch Produkte zur Trinkwasseraufbereitung und -entsalzung;
  • durch verantwortlichen Umgang mit Wasser in der chemischen Industrie (Reduzierung des Verbrauchs in der Produktion und verringerte Einleitung von Abwasser, erhöhter Anteil Aufbereitung und Wiederverwendung) und diese Erfahrungen zugänglich für andere machen;
  • über Partnerschaften Wasseraufbereitungstechnologien in weniger entwickelten Regionen zugänglich und bezahlbar machen.
  • Capacity Building / Wissenstransfer für eine sichere Chemieproduktion und ein sicheres Chemikalien-Management, insbesondere an Standorten in aufstrebenden und sich entwickelnden Märkten;

Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern, z. B.

  • mit kontinuierlicher Optimierung der Energieeffizienz in den eigenen Prozessen; 
  • durch Klimaschutzziele für die eigene Produktion; 
  • durch Produkte/ Technologien für die Speicherung erneuerbarer Energien und den Ausbau einer Erneuerbaren-Energien-Infrastruktur 
  • mit Schlüsselmaterialien für die Wind- und Solarenergie 
  • mit Materialien/ Technologien für eine sparsame Energienutzung (Baustoffe, Leuchtmittel, Mobilität etc.);

Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern, z. B. 

  • durch die Achtung von Arbeitsstandards/-normen und Menschenrechten an allen Standorten; 
  • durch ein Lieferketten-management auf Basis belastbarer „Due Diligence“ Prozesse / anerkannter Standards; 
  • durch Integration von Nachhaltigkeit in Unternehmens-/ Geschäftsprozesse;
  • durch eine sichere Produktion und sicheres Management von Chemikalien;

Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen, z. B.

  • durch Integration von Nachhaltigkeit in den Innovationsprozess (Produktionsprozesse und Produkte);
  • mit Produkten für eine belastbare und langlebige Infrastruktur (Gebäude, Energie, Abwasser, Kommunikation, Transport), auch durch Kooperationen mit anderen Branchen; 
  • durch intensive Zusammenarbeit an Chemiestandorten für eine effiziente Nutzung von Energie, Rohstoffen, Nebenprodukten etc., um Abfälle zu reduzieren;

Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern, z. B.

  • durch faire Bezahlung, Arbeits-, Sozial- und Sicherheits- und Schutzstandards an globalen Standorten;

Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten, z. B.

  • durch Produkte, die Gebäude, öffentlichen Nachverkehr und die Infrastruktur effizienter und langlebiger machen;
  • durch die Beteiligung an Multistakeholder-Dialogen, um Städte nachhaltiger zu gestalten;

Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen, z. B.

  • durch Produkte, die in der Wertschöpfungskette die Qualität und Effizienz der Produktionsprozesse erhöhen;
  • mit Responsible Care und der Global Product Strategy das nachhaltige Management von Materialien/Rohstoffen am Standort erhöhen; 
  • durch intensive Zusammenarbeit an Chemiestandorten für eine effiziente Nutzung von Energie, Rohstoffen, Nebenprodukten etc., um Abfälle zu reduzieren; 
  • durch Integration von Nachhaltigkeit in den Innovationsprozess für nachhaltige Produktionsprozesse und Produkte; 
  • über ein Lieferkettenmanagement und Stakeholder-Dialog die Nachhaltigkeit von Rohstoffen sichern (z.B. bei Palmöl);

Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen, z. B.

  • durch Erhöhung der Energieeffizienz in eigenen Prozessen und Verringerung des CO2-Fußabdrucks der eigenen Produkte, flankiert durch eigene Zielsetzungen;
  • durch Produkte, die Energieverbrauch und Emissionen bei Abnehmern bzw. in der Nutzungsphase verringern (Baustoffe, Leuchtmittel, Mobilität etc.);

Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen, z. B.

  • durch Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um die Meeresverschmutzung zu verringern, insbesondere durch Kunststoffe;
  • durch recyclefähige Produkte; 
  • durch Zusammenarbeit mit Regierungen und Stakeholdern, um die Sammlung von Abfällen und die Entwicklung einer zirkulären Wirtschaft zu fördern;

Landökosysteme schützen, wieder-herstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen, z. B.

  • durch Verringerung von negativen Auswirkungen eigener Prozesse und Produkte auf die Umwelt; 
  • durch Integration von Nachhaltigkeit in den Innovationsprozess für nachhaltige Produktionsprozesse und Produkte;

Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen, z. B.

  • durch ethische Standards über die gesamte Lieferkette; 
  • durch verbindliche unternehmensinterne Werte / Codes of Conduct / Compliance-Regeln;

Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen, z. B.

  • durch Zusammenarbeit mit Abnehmerbranchen, Regierungsorganisationen, NGOs etc. sowie Engagement in (globalen) Netzwerken, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern;

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