FÜR EIN LANGES UND AKTIVES ERWERBSLEBEN

Datum: 30. Juni 2015

Mit einem innovativen Maßnahmenpaket rückt der Bayer-Konzern lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle in den Mittelpunkt.

Die Frage nach dem Warum ist beim Blick auf die Grafik schnell beantwortet. Georg Müller, Bayer-Personalchef für Deutschland, zeigt auf ein Kreisdiagramm mit der Altersstruktur der hierzulande beim Chemie- und Pharmaunternehmen Beschäftigten. Rund zwei Drittel sind über 40, mehr als 37 Prozent über 50 Jahre alt. „Was sich in der Gesellschaft im Großen vollzieht, zeichnet sich hier auf Konzernebene ab: Der demografische Wandel ist in vollem Gange.“ Bayer erwartet, dass bis 2020 der Altersdurchschnitt der Beschäftigten in Deutschland von derzeit 44 Jahren auf rund 50 Jahre steigen wird. Damit einher geht ein deutlicher Anstieg der Mitarbeiter, die 60 Jahre und älter sind. „Diese Entwicklung bringt ganz neue Herausforderungen mit sich, denen wir seit einigen Jahren aktiv und mit sehr konkreten Maßnahmen begegnen“, so Müller.

Tarifvertrag als Basis für Gesamtbetriebsvereinbarung

Die Rede ist von der 2010 bei Bayer gestarteten Gesamtbetriebsvereinbarung „Lebensarbeitszeit und Demografie“ mit ihrem dazugehörigen Maßnahmenpaket. Sie basiert auf dem gleichnamigen Tarifvertrag, den die Sozialpartner in der chemischen Industrie 2008 geschlossen haben. „Anlass dafür waren zwei politische Veränderungen mit hoher Bedeutung für die Arbeitswelt: Zum einen die Entscheidung zur schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sowie das Ende der Förderung von Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit“, erklärt Oliver Zühlke, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats bei Bayer in Deutschland.

Demografiefonds zugunsten der Mitarbeiter

Der Tarifvertrag sieht vor, dass die Unternehmen einen so genannten Demografiefonds einrichten – anfänglich bestückt mit 300 Euro pro Jahr und Mitarbeiter. Die Mittel daraus können für fünf verschiedene Instrumente verwendet werden, um so die Auswirkungen der verlängerten Arbeitszeit zugunsten der Beschäftigten abzufedern: Altersvorsorge, Langzeitkonten, Zuschläge bei Altersteilzeit, Zusatzschutz bei Berufsunfähigkeit oder Teilrente.

Bei Bayer fiel die gemeinsame Entscheidung der Unternehmensleitung und des Gesamtbetriebsrats darauf, in die Gesundheit der Mitarbeiter zu investieren. „Im Wesentlichen geschieht dies durch eine Belastungsreduktion im Alter, in Form einer verringerten Arbeitszeit“, sagt Georg Müller. „Hinzu kommen Maßnahmen wie eine Verringerung der Belastung für langfristig erkrankte Beschäftigte sowie umfangreiche medizinische Vorsorgeuntersuchungen für alle Mitarbeiter.“

Ältere Mitarbeiter entlasten – junge integrieren

Die Belastungsreduktion wurde im ersten Schritt für Tarifbeschäftigte umgesetzt, die in voll- oder teilkontinuierlicher Wechselschicht tätig sind. „In der Praxis sieht das so aus: Ab dem vollendeten 55. Lebensjahr können diese Mitarbeiter bis zu 20 schichtfreie Tage im Jahr in Anspruch nehmen“, erläutert Oliver Zühlke. Dahinter steht das Ziel, das Arbeitspensum von körperlich besonders beanspruchten Mitarbeitern in den letzten Jahren der Beschäftigung spürbar zu verringern – und ihnen so einen gleitenden Ausstieg aus dem Arbeitsleben zu ermöglichen.

Das Ganze hat noch einen positiven Nebeneffekt: Während sich bei den Älteren die Chance erhöht, tatsächlich bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter berufstätig bleiben zu können, entstehen für junge Mitarbeiter durch die Übernahme freiwerdender Schichten zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten. Auf diese Weise wird zudem wertvolles Wissen auf die nachfolgende Generation übertragen und qualifizierte Fachkräfte können im Unternehmen gehalten werden.

Anspruch auf mehr Beschäftigte ausgeweitet

Auf fünf Jahre Erfahrungen mit der Gesamtbetriebsvereinbarung und dem Demografiefonds blickt Bayer mittlerweile zurück. In dieser Zeit wurde das Modell weiterentwickelt, erzählt Oliver Zühlke: „Der Betrag für den Demografiefonds erhöhte sich im Zuge einer tariflich vereinbarten Erweiterung schrittweise auf insgesamt 500 Euro pro Mitarbeiter im Jahr 2013, bis 2017 soll er auf 750 Euro steigen.“ Mit dem aufgestockten Fonds erhält nun ein größerer Kreis von Mitarbeitern die Möglichkeit, eine regelmäßige Belastungsreduzierung durch bezahlte freie Tage zu nutzen.

Gabi Breuer, Assistentin bei Bayer CropScience in Monheim, ist eine davon. Sie profitiert seit November 2013 von der Belastungsreduzierung. „Die verringerte Arbeitszeit hat meine Lebensqualität spürbar verbessert. Denn dank der Maßnahme habe ich jetzt alle vierzehn Tage ein verlängertes Wochenende, das ich sehr gut für mich nutzen kann. Ich merke, dass ich dadurch mehr Energie für meine Arbeit habe, so dass ich einerseits meine beruflichen Aufgaben wie gewohnt erfüllen kann und andererseits einen größeren zeitlichen Ausgleich habe“, sagt die 58-Jährige. 

Unternehmensleitung und Betriebsrat stehen bei Bayer im Dialog darüber, wie künftige Aufstockungen des Fonds verwendet und weitere Maßnahmen ausgestaltet werden können. Bereits seit Anfang 2015 können Tarifbeschäftigte im Konzern ihr persönliches Langzeitkonto „BayZeit“ mit dem tariflichen Anspruch verknüpfen und damit – bei entsprechendem Eigeninvestment – eine Vier- oder sogar Drei-Tage-Wochen realisieren. Tarifbeschäftigte, die diese Möglichkeit nutzen, erhalten eine besondere Förderung als zusätzlichen Versorgungsbaustein für ihre Altersversorgung.

Gerüstet für die Zukunft

Gefragt sind die Potenziale älterer Mitarbeiter aber auch über die produktionsnahen Unternehmensbereiche und über die aktive Berufslaufbahn hinaus. Im Bayer Senior Experts Network (BaySEN) beispielsweise können leitende Angestellte nach ihrer Pensionierung weiterhin für das Unternehmen tätig sein und ihr wertvolles Wissen als Berater in Projekte einbringen. „Der Umgang mit älteren Beschäftigten – von denen es perspektivisch ja immer mehr geben wird – hat auch viel mit Wertschätzung ihrer Erfahrung und ihres Know-hows zu tun,“ so Personalchef Müller.

Ein weiteres wichtiges Element der Strategie von Bayer zur Begegnung des demografischen Wandels ist das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BEM). Die in der Gesamtbetriebsvereinbarung „Lebensarbeitszeit und Demografie“ angelegte Gesundheitsförderung in Form einer umfangreichen Vorsorgeuntersuchung ist dabei nur eine von vielen Maßnahmen und Angeboten. Hinzu kommen beispielsweise Jahresaktionen zu wechselnden Schwerpunktthemen, die Sportangebote der Bayer-Vereine oder Beratungsleistungen zu unterschiedlichen Aspekten der individuellen Gesundheit der Beschäftigten.

Mit dem bisherigen Verlauf seiner Initiative zum Demografie-Management ist Bayer zufrieden. „Wir fühlen uns für die Herausforderungen des demografischen Wandels gut gerüstet“, resümiert Georg Müller. „Mit den verschiedenen Maßnahmen können wir die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit unserer Beschäftigten gezielt stärken und den Generationenwechsel vorbereiten.“ 

Dies ist ein Good-Practice-Beispiel zu Leitlinie 7:

Erfolgsfaktoren für den Beitrag zur Leitlinie

  • Eine neu organisierte Aufgabenverteilung zwischen den Generationen im Unternehmen bietet die Möglichkeit, dem demografischen Wandel wirkungsvoll zu begegnen. 
  • Durch eine breit angelegte Gesundheitsförderung und die Entlastung besonders beanspruchter Beschäftiger bleiben Arbeitnehmer länger fit und erwerbstätig. 
  • Während ältere Beschäftigte ihre Schichtzeiten zurückfahren, können Berufsanfänger und junge Mitarbeiter verstärkt zum Einsatz kommen. 
  • Der Lohnausgleich für arbeitsfreie Zeiten älterer Beschäftigter sowie die Kosten für die Gesundheitsvorsorge für alle Mitarbeiter können aus dem Demografiefonds mitfinanziert werden.
  • Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements sensibilisieren und unterstützen die Beschäftigten für eine gesündere Lebensführung.
  • Der bestehende Branchentarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ gibt Rahmenbedingungen für ein Demografieprogramm vor – das erleichtert die Umsetzung im Unternehmen.

Über das Unternehmen

  • Bayer ist ein international tätiges Chemie- und Pharmaunternehmen mit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit, Agrarwirtschaft und Polymer-Werkstoffe.
  • Weltweit beschäftigt der Bayer-Konzern 118.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 35.800 davon in Deutschland.
  • Die Bayer AG mit Sitz in Leverkusen fungiert als strategische Management-Holding. Das operative Geschäft wird in den drei Teilkonzernen HealthCare, CropScience und MaterialScience geführt, unterstützt von drei Servicegesellschaften.