INNOVATION FÜR EINE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

Um Messbarkeit von Fortschritten zur Nachhaltigkeit, innovative Lösungen, Dialog und Vertrauen drehte sich die Tagung „Innovation für eine nachhaltige Entwicklung – Chemie3 im Dialog mit dem RNE“, die in Berlin im Humboldt Carré stattfand.

Stakeholder loben Fortschrittsindikatoren, geben aber Chemie³ Hausaufgaben mit auf den Weg

Von den Teilnehmern erhielt die Branche viel Zuspruch und Lob für die Fortschrittsindikatoren. Doch die Stakeholder äußerten auch deutlich ihre hohen Erwartungen an die Chemie und gaben ihr Hausaufgaben mit auf den Weg.

VCI-Präsident Kurt Bock brachte es in seiner Keynote auf den Punkt: „Nachhaltigkeit ist der Kern der Zukunftsstrategie unserer Branche.“ Und fuhr fort: „Dass wir auf dem richtigen Weg sind, unterstreichen die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.“ Diese könnten nur mit Innovationen aus der Chemie umgesetzt werden. Schon heute erbringe die Branche wichtige Beiträge, um eine hohe Lebensqualität bei gleichzeitiger Schonung der Ressourcen zu ermöglichen, fasste Bock die Bedeutung der Chemie für eine nachhaltige Entwicklung zusammen. Für den VCI-Präsidenten ist aber auch klar, dass die globalen Nachhaltigkeitsziele nur in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft erreicht werden können. „Dabei ist Offenheit für neue Wege und Lösungen eine wichtige Voraussetzung, um die Transformation Richtung Nachhaltigkeit erfolgreich zu gestalten.“ Unabdingbar hierfür sei ein Umfeld, das Innovation und technischem Fortschritt aufgeschlossen gegenübersteht. Von den Chemie³-Indikatoren verspricht sich Bock Transparenz und Messbarkeit der Fortschritte sowie eine Konkretisierung der Chemie³-Leitlinien.

WIRTSCHAFT KOMMT AUF DEM WEG ZUR NACHHALTIGKEIT SCHLÜSSELROLLE ZU

Dass die Entwicklung der Fortschrittsindikatoren nicht einfach war, machte Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE, deutlich. So sei es nicht selbstverständlich, dass von insgesamt 40 Indikatoren allein 17 soziale Aspekte berücksichtigen. In seiner Keynote verwies er jedoch noch auf einen weiteren Aspekt: Der Weg zu nachhaltigem Handeln müsse auch für solche Länder anschlussfähig sein, die noch nicht so weit wie Deutschland sind. Dabei komme der Wirtschaft eine Schlüsselrolle zu: Sie müsse selbst Lösungen entwickeln, damit der Staat nicht eingreifen muss, argumentierte Vassiliadis. Die Chemie sieht er dabei als gutes Beispiel.

Innovationen sind kein Selbstzweck

Am Beispiel der Themen Rentenpolitik, Fachkräfte und Tarifbindung zeigte Kai Beckmann, stellvertretender Vorsitzender des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC), vor den rund 180 Teilnehmern, wie wichtig die Themen sind, die die Branche mit den Fortschrittsindikatoren zur Nachhaltigkeit abdecke. Beckmann unterstrich, dass es bei diesen Themen „immer wieder Zielkonflikte vor allem zwischen ökonomischen und sozialen Interessen“ gebe. Deshalb gelte es, „die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit zu integrieren“. Dabei wollen die Sozialpartner auch künftig innovativ sein. Innovationen seien jedoch nicht Selbstzweck, sondern als Weg und Notwendigkeit zu verstehen, um eine Arbeitswelt im Wandel gemeinsam zu gestalten, resümierte er abschließend.

RNE vermisst Zielvorgaben für die Branche

Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), warb für Dialog, Vertrauen und Innovation als Grundpfeiler für eine nachhaltige Entwicklung. Ausdrücklich lobte er das Engagement der Chemiebranche. Aus seiner Sicht ist das Gespräch zwischen RNE und Chemie³ sehr wichtig. Doch der RNE-Generalsekretär beließ es nicht allein beim Loben. Mit Blick auf den Deutschen Nachhaltigkeitskodex hätte sich Bachmann ein stärkeres Engagement der Branche gewünscht. In den 17 Nachhaltigkeits- zielen (SDGs – Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen sieht er eine Chance und gleichzeitig Aufgabe für die deutsche Chemie, Vertrauen und Kompetenzvermutung in die Branche zu stärken. Mit ihren Innovationen solle die Chemie zum Erreichen der SDGs beitragen. Die Fortschrittsindikatoren bewertet der RNE-Generalsekretär positiv. Er vermisste jedoch Zielvorgaben für die Branche.

Chemie soll Veränderungen vorantreiben

Im Anschluss an die Vorträge erörterten Kurt Bock, Michael Vassiliadis, Kai Beckmann sowie die RNE-Mitglieder Alexander Bassen und Alexander Müller, wie die Chemie zum gesellschaftlichen Fortschritt beitragen kann. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass enormer Handlungsbedarf besteht und die ehrgeizigen globalen Nachhaltigkeitsziele nur gemeinsam erreicht werden können. „Kein Land ist so weit und kein Land kann es alleine schaffen“, so Müller. Beim Nachhaltigkeitsziel zum sicheren Umgang mit Chemikalien (SDG 12.4) sieht Müller Handlungsbedarf: Die Branche dürfe nicht nur auf das verweisen, was sie bereits erreicht habe. Die chemische Industrie müsse auch Veränderungen vorantreiben. Bassen ergänzte die Diskussion um einen weiteren Aspekt: Es bestehe ein Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeitsleistung und Erfolg von Unternehmen. Mittlerweile belegten nämlich die Finanzmärkte die positiven Effekte von Nachhaltigkeit.

Fazit: Die Botschaft der Reden und der Diskussion war eindeutig: Nachhaltiges Wirtschaften ist ein anspruchsvolles Ziel, und die Chemie hat wichtige Schritte unternommen. Doch die Stakeholder erwarten, dass die Branche diesen Weg jetzt konsequent weitergeht.

Die Chemie hat Nachhaltigkeit früher als andere aufgegriffen.
Peter Altmaier

machte der Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier, der Branche ein Kompliment für ihr Engagement. Damit trage Deutschlands drittgrößter Industriezweig zu Wohlstand und sozialer Sicherheit bei.

Altmaier hob hervor, dass die Weltbevölkerung vor zwei großen Herausforderungen stehe. So sei der Klimaschutz eine „Kernfrage des Planeten“. Aber es gehe auch um dessen Belastung durch Wachstum. Dennoch ließ er keinen Zweifel daran, dass man wirtschaftliches Wachstum benötige, um stabile soziale Verhältnisse zu erreichen. Ohne dieses Wachstum gebe es keine Demokratie und keinen Wohlstand für alle. Entscheidend ist für ihn jedoch, Wirtschaftswachstum mit Klimaschutz zu verbinden. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche man Innovationen für Nachhaltigkeit. Ausdrücklich setzt Altmaier dabei auf neue Produkte und Verfahren aus der Chemie. Angesichts der weltweiten Herausforderungen mahnte der Chef des Bundeskanzleramtes: Die Gesellschaft dürfe Fortschritt nicht als Bedrohung, sondern als Versprechen ansehen.

Impressionen der Veranstaltung

Dr. Kurt Bock

zu der Bedeutung von Indikatoren im Hinblick auf die Nachhaltigkeit und der Innovationskraft der deutschen chemischen Industrie im internationalen Wettbewerb

 

Michael Vassiliadis

über die Rolle der Beschäftigten bei der Gestaltung von Nachhaltigkeit in den Unternehmen und über die Erwartungen der IGBCE an die Unternehmen.

Dr. Kai Beckmann

zur Rolle der Fortschrittsindikatoren in der Sozialpartnerschaft und zur Bedeutung guter Partnerschaft für die Innovationskraft in Unternehmen.

Prof. Günter Bachmann

über das Nachhaltigkeitsverständnis des RNE, über die Bedeutung der Indikatoren und über seine Erwartungen an die Chemiebranche.

Prof. Andreas Suchanek

über die Voraussetzungen für eine gute Innovationskultur und über den Umgang mit Zielkonflikten zwischen den Dimensionen der Nachhaltigkeit.

Lisa Heldt, Friedemann Schreiter, Michael Linden, Maximilian Höss, Christoph Röttgers

über die Erwartungen der jungen Generation an die deutsche chemische Industrie und deren Rolle bei der Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs).

Achim Halpaap

Head of Chemicals and Waste Branch, United Nations Environment Programme (UNEP)

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