Dachbahnen aus Bitumen sorgen für eine bewährte und langzeitsichere Abdichtung von Flachdächern. Optimiert werden können die Recyclingmöglichkeiten von Altmaterial. In dieser Hinsicht kann jetzt die Ökobilanz des Produktes wesentlich verbessert werden.

Schon seit über 1000 Jahren wird Bitumen für unterschiedliche Zwecke genutzt. Wurden früher zum Beispiel Schiffsrümpfe damit abgedichtet – oder auch: kalfatert –, wird es heute vor allem als Rohstoff für Dachbahnen verwendet. Hergestellt aus Rohöl, waren die bisherigen Entsorgungskonzepte der Bahnen am Ende ihrer Nutzungszeit bisher nicht zufriedenstellend. Damit soll bald Schluss sein. „Wir sind angetreten, das Problem mit Bitumen-Altdächern zu beseitigen“, sagt Jan-Niels Pochert, der gemeinsam mit seinem Bruder das Familienunternehmen Quandt Dachbahnen führt – in der nun fünften Generation. In einer weltweit einmaligen Anlage kann der Berliner Hersteller von Dachbahnen neuerdings den Rohstoff Bitumen aus gebrauchtem Material zurückgewinnen. Eine Innovation, die schon bald den Umgang mit dem weltweit gebräuchlichen Baustoff revolutionieren könnte. Zusätzlich entwickelt das Traditionsunternehmen eine neuartige Dachbahn, deren Zusammensetzung in Verbindung mit der neuen Recycling-Methode eine Rückgewinnungsquote von 100 Prozent ermöglicht.

Versuchsanlage erfolgreich getestet
Im niedersächsischen Schöningen betreibt die Firma „Quandt Dachbahnen“ seit 1992 ihren größten Produktionsstandort. Deshalb hat sie hier im Jahr 2012 auch ihr Recycling-Projekt gestartet. Die Idee war, alte Bitumenbahnen nicht mehr nur energetisch zu verwerten, sondern den wertvollen Rohstoff durch einen Schmelzprozess direkt wiederzugewinnen. Die Recyclinganlage in Schöningen kann mit bis zu zwei Tonnen Bitumenbahnenabfall gefüllt werden. Dieser stammt direkt von Baustellen. Während des Recyclingprozesses wird das Bitumen von nicht verwertbaren Reststoffen – bei herkömmlichen Dachbahnen sind das rund 35 Prozent – getrennt. Das flüssige Bitumen wird am Ende des rund zweistündigen Vorgangs direkt in einen Vorratstank abgepumpt. Die Qualität des wiedergewonnenen Bitumens entspricht einem leicht kunststoff-modifizierten Bitumen. „Wir können den Sekundärrohstoff sofort in den Produktionsprozess geben“, erläutert der Firmenchef und Mitentwickler. Bei der Herstellung einfacher Oxidations-Bitumenbahnen, wie man sie beispielsweise im Baumarkt bekommt, sorgt das Recycling-Bitumen sogar für eine „technische Aufwertung“, wie Pochert sagt. Das heißt, der Rohstoff ist für diese Produkte sogar noch besser als neues Bitumen.

Neues Produkt für optimales Recycling
Die Recyclinganlage ist nur der erste von insgesamt zwei Schritten, um das Bitumen vollständig wiederverwenden zu können. Mit herkömmlichen Bitumenbahnen war das nicht möglich, weil Beimischungen wie Glas und Polyester einen zu hohen Schmelzpunkt für den Recyclingprozess haben. Deshalb hat Quandt Dachbahnen eine neue, zu 100 Prozent recycelbare Dachbahn entwickelt. „Das Produkt ist ein Hybrid aus Kunststoff und Bitumen und ist technisch auf dem Niveau unserer hochwertigsten Dachbahnen“, sagt Jan-Niels Pochert. Vor allem das Trägermaterial aus Kunststoff ist völlig neu entwickelt worden. Im Recyclingprozess wird der Kunststoff gemeinsam mit dem Bitumen aufgeschmolzen. Die Bestandteile müssen nicht getrennt werden, da der Kunststoff der Trägerschicht sogar eine verbessernde Wirkung auf die Bitumenqualität hat. Derzeit befindet sich die Dachbahn im Praxistest.
Recycling rechnet sich
Für das Unternehmen lohnt sich die Innovation wirtschaftlich durch Mengeneinsparungen beim Bitumen-Einkauf, sagt Jan-Niels Pochert. Durch die Verwertung lasse sich damit die Abhängigkeit vom Rohstoffmarkt reduzieren. Mit dem Bau von Recyclinganlagen entsteht zudem ein neues Geschäftsfeld. Mittel- und langfristig sieht Jan-Niels Pochert bundesweit Potenzial für Anlagen mit der zehnfachen Kapazität der Anlage in Schöningen. Von einer vernünftigen Wiederverwertung sollen am Ende aber auch Bauherren profitieren. „Aus Angst vor hohen Entsorgungskosten werden heute viele Dächer nicht richtig saniert“, weiß Pochert. Altes Deckmaterial und feuchte Isolierungen würden deshalb oft nur mit Reparaturbahnen notdürftig geflickt, mit langfristig negativen Folgen für die Gebäudesubstanz. Das Altdach-Recycling soll auch zur Lösung dieses Problems beitragen.
Dies ist ein Good-Practice-Beispiel zu den Leitlinien:
Die Unternehmen der chemischen Industrie entwickeln innovative Lösungen für globale und nationale Herausforderungen. Mit hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung schaffen sie einen Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft. Bei der Entwicklung von neuen Produkten und Verfahren berücksichtigen sie frühzeitig Fragestellungen einer nachhaltigen Entwicklung.
Die Unternehmen der chemischen Industrie leisten mit einer hohen Energieeffizienz in ihren Anlagen, ressourcenschonenden Verfahren und mit innovativen Produkten für ihre Kunden einen bedeutenden und unverzichtbaren Beitrag zum globalen Klimaschutz. Sie verbessern ihre Effizienz beim Einsatz
von Rohstoffen und Energie auch aus wirtschaftlichen Gründen kontinuierlich. Dabei betrachten sie den gesamten Produktlebenszyklus. Die Unternehmen bauen die Nutzung von nachwachsenden und wiederverwertbaren Rohstoffen aus, wo dies technisch möglich und unter wirtschaftlichen, ökologischen
und sozialen Aspekten sinnvoll ist. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Lebensräumen bei der Gewinnung von Rohstoffen hat eine hohe Bedeutung.